Under Dekonstruktion
siehe vorläufig Leib und Seele

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Februar 2008
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Innerlichkeit - This Mortal Coil: 2008-02-27
Innerlichkeit - This Mortal Coil
Donnerstag, 28. Februar 2008
Zur Erinnerung

Deutsche Erstausgabe 1970


(Schluß des Romans)

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Alfred Deller


Alfred Deller, Countertenor
Geboren am 31.Mai 1912 in Margate (England)
Gestorben am 16.Juli 1979 in Bologna (Italien)
Kindheit - Singt als Knabensopran in Kirchenchören
1940 - Singt bis 1947 im Kathedralchor von Canterbury
1943 - Auf Betreiben von Michael Tippett gibt er in London sein
Debüt als Solo-Countertenor. Er tritt mit einem Barockrepertoire wiederentdeckter englischer Komponisten
des 16. und 17.Jahrhunderts auf.
1946 - Vielbeachtete Debüts, erste Rundfunksendungen in England
1949 - Erste Einspielung (Purcell) mit Walter Bergmann
1950 - Gründung des Deller Consort mit dem Lautenisten Desmond Dupré, mit dem er eng zusammenarbeitet und auch seine zweite Schallplatte aufnimmt (Dowland)
1955 - Konzertreisen des Consort im In- und Ausland bis 1979 mit einem Repertoire, das sich auf das Elisabethanische Zeitalter wie auch die Zeit davor und danach erstreckt. Quellenstudium der Musik des 18.Jahrhunderts, der Moderne (Britten), aber auch des Hochmittelalters.
1960 - Singt die Rolle des Oberon in der Uraufführung von A Midsummer Night's Dream, die Britten eigens für ihn geschrieben hat.
1963 - Gründung des Stour Music Festival (Kent)
1964 - Sein Sohn Mark (ebenfalls Countertenor) wird Mitglied des Deller Consort.
1968 - Erste Einspielung für harmonia mundi
1970-79 - Nimmt als Solist, mit dem Consort wie auch mit Chören und Orchester um die fünfzig Schallplatten für harmonia mundi auf. Leitet die Académie de Musique Anglaise. Von harmonia mundi veranstaltete Sommerkurse in der Abtei von Sénanques und in Lacoste.
1970 - Wird zum Commander of the Order of the British Empire ernannt.

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Jetzt
bin ich also wieder bei Alfred Deller, dem großen englischen Countertenor angelangt, dessen Gesangsaufnahmen ich seit über einem Vierteljahrhundert sammele. Wirkliche Größe kennt keine Zeit.

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Jürgen Kramer: "Selbst v. 27.2.2008"
Öl a. Lwd., 40 x 40cm

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Heutiges ARD Nachtkonzert sehr qualitätvoll:
ARD-Nachtkonzert
Vom Westdeutschen Rundfunk

Darin:
02:00 Nachrichten, Wetter
04:00 Nachrichten, Wetter
05:00 Nachrichten, Wetter


Niccolò Paganini
Sonata Varsavia für Violine und Orchester; Salvatore Accardo; Chamber
Orchestra of Europe, Leitung: Franco Tamponi

Johannes Ockeghem
Missa Caput; Clerks´ Group, Leitung: Edward Wickham

Frank Martin
Kleine konzertante Sinfonie für Harfe, Cembalo, Klavier und 2
Streichorchester; Sabine Kulke, Harfe; Wilhelm Neuhaus, Cembalo; Volker
Banfield, Klavier; WDR Sinfonieorchester Köln, Leitung: Hiroshi Wakasugi

Marin Marais
Couplets de Folies, in der Ausführung mit Viola da gamba und Basso
continuo; Paolo Pandolfo und Guido Balestracci, Viola da gamba; Thomas
Boysen und Dolores Costoyas, Theorbe; Mitzi Meyerson, Cembalo

Cécile Chaminade
Pas de cymbales, op. 36,2 für 2 Klaviere; Peter Jablonski und Bengt
Forsberg

Robert Fayrfax
Lauda vivi alpha et o, Motette zu 5 Stimmen; Cardinall´s Musick,
Leitung: Andrew Carwood

Astor Piazzolla
Alguien le dice al Tango für Violine und Gitarre; Duo Appassionata

Samuel Barber
Summer music, op. 31 für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott;
Chalumeau Quintett

Luigi Cortese
Inclina, Domine, aurem tuam, op. 49, Sinfonia sacra für Chor und
Orchester; WDR Rundfunkchor Köln; WDR Sinfonieorchester Köln, Leitung:
Alberto Erede

Francesco Geminiani
An English tune, Air mit Variationen für Flöte, Theorbe und Cembalo;
Brian Berryman, Flöte; Axel Wolf, Theorbe; Eckhart Kuper, Cembalo

John Dowland
I saw my lady weepe, Lied für Sopran und Laute; Ellen Hargis, Sopran;
Paul O´Dette, Laute; King´s Noyse, Leitung: David Douglass

Johann Pachelbel
Fugen über das Magnificat sexti toni für Orgel; Joseph Payne

Sergej Rachmaninow
Rhapsodie über ein Thema von Paganini, op. 43 für Klavier und Orchester;
Vladimir Ashkenazy; Philharmonia Orchestra, Leitung: Bernard Haitink

Giovanni Rovetta
Dixit Dominus, geistliches Konzert, aus der "Messa, e salmi concertati",
op. 4 für 7 Stimmen, 2 Violinen, 2 Zinken und Basso continuo; Cantus
Cölln, Leitung: Konrad Junghänel

Béla Bartók
3 Volkslieder, aus dem "Komitat Csik", in der Bearbeitung für Oboe und
Zimbal; Bart Schneemann, Oboe; Jan Rokyta, Zimbal

François-Joseph Nadermann
Duett Es-dur, op. 51 für Harfe und Klavier; Brigitte Langnickel-Köhler,
Harfe; Reinhard Langnickel, Klavier

Mauro Giuliani
Konzert Nr. 1 A-dur, op. 30 für Gitarre und Orchester; Edoardo
Catemario; Wiener Akademie, Leitung: Martin Haselböck

Erik Satie
Parade, Ballett für Orchester; WDR Sinfonieorchester Köln, Leitung:
Hiroshi Wakasugi

John Blow
Ode auf den Tod von Henry Purcell für 2 Countertenöre, 2 Flöten und
Basso continuo; Michael Chance und James Bowman, Countertenor;
Mitglieder des King´s Consort, Leitung: Robert King

Huon d´Oisi
Maugré tous sainz et maugré Dieu ausi für Mezzosopran, Dudelsack,
Rauschpfeife, Symphonia und Zugtrompete; Modo Antiquo, Leitung: Bettina
Hoffmann

Ludwig van Beethoven
12 Variationen G-dur über ein Thema aus dem Oratorium "Judas Maccabäus"
von Händel, in der Bearbeitung für Fagott, Klavier und Harfe; Barrick
Stees, Fagott; Randall Fusco, Klavier; Sylvia Norris, Harfe

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Harald Kreutzberg als Keim des japanischen Butoh!
Harald Kreutzberg gastierte 1934 in Tokio und unter seinen begeisterten Zuschauern war einer, der die Botschaft des ‚dämonischen‘ Tänzers aufnahm und weitertrug: Kazuo Ohno. Der spätere Begründer des Butoh bezeichnete Harald Kreutzberg fort an als seinen lebenslangen Mentor.

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Kreutzberg in einer Rosenthal Kleinplastik
Mystischer Tanz



Die Kleinplastik Luzifer, sich krönend, 1953, Tanz des Harald Kreutzberg, Porzellan / Ausformung Rosenthal, Höhe 41 cm, ist eine der beiden Kleinplastiken von Waldemar Frisch, die in der Schausammlung der Egerländer Kunstgalerie gezeigt werden. In beiden Exponaten stellt der Künstler den Tänzer Harald Kreutzberg (*1902 Reichenberg + 1968 Muri bei Bern) dar. Harald Kreutzberg war wie die Münchnerin Gret Palucca ein berühmter Vertreter des Ausdruckstanzes. Kreutzberg und Palucca, beide Schüler der Begründerin dieser Tanzrichtung Mary Wigmann führten in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts und in der Nachkriegszeit nach dem 2. Weltkrieg diese freie Form des Tanzes zu außer-gewöhnlichen Höhen. Wegen der in den Tänzen umgesetzten Themen und wegen seiner Ausdruckskraft wurde Harald Kreutzberg auch der „dämonische Tänzer“ genannt.

Der von Harald Kreutzberg dargestellte Luzifer gehört zu den mystischen Gestalten der römischen Götterwelt und zu den negativen Gestalten des christlichen Weltbilds. Für die Römer war Lucifer, als der Lichtbringer (der Morgenstern) der Sohn der Morgenröte (Aurora). Im christlichen Weltbild ist Lucifer mit dem Satan (dem Teufel) gleichgestellt, weil er mit dem Engel, der beim Sturz Babels in die Hölle stürzt, in Zusammenhang steht. So wird er als der Gegenspieler Gottes, der aber über Gott stehen will, zu einem Synonym des Bösen und zugleich des Überheblichen, der tief fällt.

Die Figur spiegelt die dem Tänzer eigene Konzentration und Präzision der Gesten wider. Der Tänzer windet sich mit seinem Körper in ganzer Größe nach oben. Er erhebt die Arme und formt über seinem Kopf mit den Händen etwas Wichtiges, das offensichtlich seinen Kopf krönen soll. Hinter dieser durch das gewählte Material, Porzellan, glatten Oberfläche kommt das Mystische, das vom Tänzer und seinen Gesten ausgeht, zum Vorschein. Die Luziferfigur bringt das Dämonische, das über sich und alle anderen, ja selbst über Gott hinauswachsen will, so zum Ausdruck, wie es der Tänzer in perfekter Weise mit seinen tänzerischen Mitteln darstellt.

Porzellan ist das Material, mit dem der Künstler Waldemar Fritsch vom Beginn seiner künstlerischen Arbeit an gestaltet. Sein Schaffen wird dabei von Bustelli und dem deutschen Rokoko beeinflusst. Seine Werke bekunden zugleich hohe Expressivität. Von scharfkantiger Strenge bis zur Fantastik bedient er sich unterschiedlicher Ausdrucksmittel, um das Innerste – die Seele seiner Schöpfungen – zu offenbaren. Dabei respektiert er vorgegeben Gesetzmäßigkeiten. Nach der Vertreibung entstehen in der Zusammenarbeit mit bedeutenden Porzellanfabriken und –Manufakturen Plastiken und Büsten aus unterschiedlichen Materialen. Außer mit Porzellan arbeitet er mit Bronze, Terrakotta, Steinzeug und Holz. Das Spektrum seiner Themen reicht vom Kinderporträt und von Büsten international bekannter Persönlichkeiten bis zum Religiösen und Mystischen.

Waldemar Fritsch wird 1902 in der Porzellan-Stadt Altrohlau als Sohn des letzten Fiakers von Karlsbad geboren. In 1924/25 macht er eine Ausbildung als Dreher und Modelleur in der Porzellanfabrik Viktoria in Altrohlau. Von 1926 bis 1929 lernt er in der Staatliche Porzellan-Fachschule in Karlsbad. Anschließend besucht er die Keram-Abteilung der Kunstgewerbeschule in Prag. 1931 erhält er ein Stipendium der Deutschen Gesellschaft für Wissenschaft und Künste in Prag. In den Jahren 1935 bis 1938 ist er als Assistent an der Staatsfachschule für Keramik und angewandtes Kunstgewerbe in Teplitz-Schönau tätig. Er arbeitet dann als Inspektor der sudetendeutschen Fach- und Kunstschulen und wird anschließend als Professor für Fachzeichnen und Plastik an die Staatliche Fachschule für Porzellan in Karlsbad berufen.

Mit dem Nazi-Regime gerät er in Konflikt, weil er sich den Bestrebungen zur Gleichschaltung in der Kunst widersetzt. 1942 erfolgt deshalb Inhaftierung und Berufsverbot durch die Reichskulturkammer. 1943 wird Waldemar Fritsch zur Wehrmacht eingezogen und macht Kriegsdienst bis zum Kriegsende. Nach der Vertreibung übersiedelt er 1946 nach Ansbach. Dort erhält er den Auftrag, die Tradition der ehemaligen Ansbacher Fayence-Manufaktur wieder zu beleben. Er leitet dann von 1949 bis 1953 die freie Kunstschule in Ansbach. Als frei schaffender Künstler arbeitet er mit den bedeutenden Porzellanfabriken zusammen, so auch mit der Porzellanfabrik Rosenthal AG in Selb, der Hutschenreuther AG in Selb und der Porzellanmanufaktur Fürstenberg. 1958 erhält er den Kunstföderpreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft. 1977 ehrt ihn die Stadt Ansbach mit ihrem Kunstpreis. Er stirbt 1978 in Ansbach.

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Harald Kreutzberg 1902 - 1968 (Vorwort) aus:
Der Tänzer Harald Kreutzberg.

Hrsg./Ed. von/by Frank-Manuel Peter.

Berlin: Edition Hentrich, 1997.

ISBN 3-89468-109-8

DM 39,80 (mit zahlreichen Abbildungen)

1.1 Vorwort

"A new Nijinsky came to light here tonight" schrieb die New York Times anläßlich eines Tanzabends von Harald Kreutzberg während der Salzburger Festspiele 1927: sein Erfolg sei größer als der jedes anderen Künstlers der Festspiele, Max Reinhardt inbegriffen. Für den damals 24jährigen Solotänzer der Berliner Staatsoper begann damit eine einzigartige Karriere auf den internationalen Konzertpodien und Theaterbühnen. Fast 300 Gastspiele gab Kreutzberg allein in Nordamerika. Die Presse widmete ihm Tausende von ausführlichen Artikeln, und auch die namhaftesten Kritiker wie John Martin in New York verfaßten Lobeshymnen. Mehrere Jahrzehnte lang begeisterte er sein Publikum mit dramatischen oder humorvollen Auftritten immer wieder aufs neue und hatte auch in für den modernen Tanz schwierigen Zeiten volle Säle aufzuweisen. Kreutzberg war der mit großem Abstand bekannteste und bedeutendste männliche Vertreter des deutschen modernen Tanzes dieses Jahrhunderts und galt als "der größte Tänzer unserer Zeit" (John Schikowski 1929 im Vorwärts). Zugleich war Harald Kreutzberg ("he brings modernistic influence of german art here") einer der hochrangigsten Repräsentanten zeitgenössischer deutscher Kultur im Ausland - und dies während der Weimarer Republik, im Dritten Reich und in den ersten ein bis zwei Jahrzehnten der Bundesrepublik Deutschland.

Es bedarf also eigentlich keiner Erklärung, warum ein Buch über Harald Kreutzberg veröffentlicht wird. Viel eher besteht dagegen ein Erläuterungsbedarf, weshalb es bisher noch kein derartiges Buch gegeben hat. Die letzte Monographie, die zu Harald Kreutzberg erschien, ist ein Lyrikband von Rudolf Hagelstange aus dem Jahr 1961; davor wurde lediglich 1950 und 1956 Pirchans Buch aus dem Jahr 1941 neu aufgelegt. Dieses Manko ��liegt nicht in Kreutzbergs Ansehen begründet, sondern vor allem daran, daß der Tanz die von allen Künsten am schwersten zu dokumentierende ist: Das eigentliche Tanzkunstwerk existiert nur im Moment und am Ort seiner Aufführung. Wegen dieses flüchtigen, transitorischen Charakters gebührt der Tanzkunst die größtmögliche Sorgfalt und Unterstützung bei der Dokumentation. Leider aber haben die öffentlichen Archive kaum Dokumente über Kreutzberg gesammelt. 1) Diesem Mißstand versucht das kürzlich eingerichtete, auf dem Nachlaß des Tänzers basierende Kreutzberg-Archiv im Deutschen Tanzarchiv Köln im Rahmen seiner Möglichkeiten abzuhelfen. Seine Vorläuferinstitution, das im Dritten Reich in Berlin zur Dokumentation der Tanzkunst eingerichtete und im Krieg zerstörte Deutsche Tanzarchiv hatte immerhin den Status eines "Reichsarchivs". Da die dringend notwendige staatliche Förderung der Tanzdokumentation und -forschung in der Bundesrepublik is heute jedoch fehlt, ist die von ausländischen Tanzhistorikern gelegentlich geäußerte Feststellung leider nicht zu widerlegen, daß die Politiker des Dritten Reichs in diesem Metier mehr für die Kultur getan hätten als die überregionale Politik der Bundesrepublik Deutschland.

Die einst erschienenen, antiquarisch gelegentlich noch erhältlichen Bücher über Kreutzberg entsprechen keineswegs heutigen Anforderungen. Da gab es zum einen das seit 1938 mehrfach aufgelegte Bändchen Kreutzbergs "...über mich selbst" mit weniger als 20 Textseiten und einigen Abbildungen. Kreutzberg hat es als "ein kleines Büchlein mit Bildern, eigenen Zeichnungen und kleinen Anekdoten" angelegt.2) Diese Publikation war auf den Verkauf an den interessierten Besucher seiner Tanzabende ausgerichtet. Auch Emil Pirchans im Plauderton abgefaßte Monographie über Kreutzberg von 1941 kann heutigem Interesse nicht mehr genügen und ist zudem arg vom Zeitgeschehen und -geschmack geprägt, wie Pirchans Blick aus den frühen 40ern auf die 20er Jahre beweist: Die namentliche Nennung Max Reinhardts wird in der Ausgabe von 1941 vermieden, ebenso die von Egon Wellesz, dessen Komposition Pirchan zudem als "zersetzend" angreift: "Die Nächtlichen heißt eine Tanzsymphonie, die Max Terpis als ersten Versuch einer neuen Ballettauffassung im Opernhaus bringt. [...] Aber die zersetzende, merkwürdige Musik, blaß und blutleer bis zu peinlichen Dissonanzen, erregte Widerspruch."3)

Die vorliegende Arbeit will also nicht in neuer Verpackung altbekannte Informationen dem Markt wieder zugänglich machen, will auch keine Biographie Kreutzbergs sein und all jene Erzählungen und Anekdoten aus diesen beiden Publikationen und so vielen Interviews wiederholen. "Also, man schluckt einmal kräftig herunter und beginnt wieder mit den alten Geschichten, die man schon tausendmal erzählt hat", heißt es bei Kreutzberg selbst dazu. 4) Biographische Angaben, um neue Erkenntnisse wie den Dresdener Auftritt als Mitglied des Petz-Kainer-Balletts ergänzt, werden deshalb nur in einem kleinen "Vorspann" zu finden sein, insbesondere für diejenigen Leser gedacht, die mit Kreutzbergs Biographie gar nicht vertraut sind; ihnen wird auch eine chronologische Tabelle am Ende des Buches den Überblick über die vielfältigen Ereignisse und Engagements erleichtern.

Das Phänomen Harald Kreutzberg war aus heutiger Sicht und aus unterschiedlichster Perspektive und Fragestellung zu untersuchen. Wiewohl dabei ein möglichst umfassendes Bild Kreutzbergs entstehen sollte, gibt es zwei Lücken zu beklagen, die entstanden, nachdem Autoren in letzter Minute "absprangen" und ihre Themen so kurzfristig nicht mehr von anderer Seite übernommen werden konnten. Ein Wiener Musikwissenschaftler hatte die Aufgabe übernommen, auf der Basis des in Wien öffentlich verwahrten Musiknachlasses von Kreutzbergs Komponisten und jahrzehntelangem Begleiter Friedrich Wilckens über die Musik zu Kreutzbergs Tänzen zu schreiben. Daß ein so wichtiger Beitrag nicht rechtzeitig zustande kam, ist sehr bedauerlich und kann für die weitere Forschung nur als Desideratum angemahnt werden. Auch die späte Absage des Beitrags einer momentan über ostasiatische Einflüsse auf die europäische Kunst arbeitenden Kunsthistorikerin zum Thema der Verwendung von Tanzmasken in Deutschland am Beispi��el Kreutzbergs ist ein bedauerlicher Verlust und sollte zum baldmöglichen Nachholen anregen. Das ursprünglich ebenfalls avisierte Thema "Kreutzberg als Pädagoge" erwies sich als zu komplex für einen Aufsatz in diesem Buch und setzt sehr umfassende Recherchen über seine Lehrtätigkeiten im In- und Ausland mit langwieriger Suche nach Schülern und deren Befragung voraus. 5) Es scheint ansonsten eine interessante Aufgabe für eine Examensarbeit zu sein, mit deren Realisierung man wegen des hohen Alters vieler Schüler nicht zu lange warten sollte.

Kreutzbergs Theaterlaufbahn begann mit viel Erfolgn Hannover, wo sie - nach einer Steigerung der Anerkennung und dem Sammeln neuer Erfahrungen in Berlin - noch erfolgreicher in einer zweiten Phase fortgesetzt wurde. Mit Hannover verbunden ist jedoch nicht nur Kreutzbergs erste Theaterpraxis, sondern auch seine Zusammenarbeit mit Yvonne Georgi. Man kann diese zweite Zeit in Hannover und mit Yvonne Georgi wohl zu recht als die wichtigste Schaffensperiode in Kreutzbergs Leben bezeichnen. Auch Kreutzbergs "Intermezzo" als Ballettmeister am Theater in Leipzig fällt in diesen Zeitraum.

Bei keinem anderen namhaften männlichen Vertreter des Ausdruckstanzes spielten religiöse Themen im tänzerischen Werk eine so große Rolle wie bei Kreutzberg. Warum tanzte er beispielsweise so gerne Engelsgestalten? Kreutzbergs amerikanische Partnerin, die spätere Chicagoer Choreographin Ruth Page, schrieb in einem Nachruf auf ihn: "If ever an angel walked this earth, it was Harald Kreutzberg." Oder handelt es sich bei solchen Gestaltungen um ein Phänomen der Zeit, heutigem Publikum schwer verständlich? Auch Tänzerinnen wie Mary Wigman oder Charlotte Bara haben schließlich religiöse Themen aufgegriffen.

Neben den dramatischen Tänzen mit den pathetischen großen Gesten, die vor allem in den zwanziger und beginnenden dreißiger Jahren entstanden, gründet sich Kreutzbergs Ruhm und vor allem seine ungeheure Popularität auf seinen heiteren, humorvollen, verspielten Tänzen. Ja es scheint sogar, daß Heiterkeit und Humor die eigentliche schöpferische Triebfeder Kreutzbergs waren.

Der sog. "freie" Tanz der Zwanziger Jahre war ein überwiegend weibliches Phänomen, die wenigen männlichen Tänzer nicht ohne eine feminine Note (wie Alexander Sacharoff) oder nach kurzer Zeit ins Fach des Choreographen oder Pädagogen überwechselnd (wie Rudolf von Laban und Kurt Jooss). Harald Kreutzbergs Beispiel regte die Rezensenten oft zu Gedanken über "Das Problem des männlichen Tanzes" an.

Ein auch bei den Vorarbeiten zu diesem Buch immer wieder angesprochenes Thema betrifft Kreutzbergs Wirken während des Dritten Reichs. Harald Kreutzberg ist nicht emigriert und konnte weiterhin auftreten, hat sogar bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 1936 und beim Tag der Deutschen Kunst getanzt - war er ein Nazi? Das vielleicht "heikel" wirkende Thema wurde mit deutscher Gründlichkeit aufgegriffen und gleich von zwei Autorinnen bearbeitet. Und kein Wunder, daß der Verwandlungskünstler der Bühne und Maskentänzer, der seinen Wohnsitz Anfang der Dreißiger Jahre ins ferne und friedliche Tirol verlegte, bei Recherchen in den Archiven auch zwei Gesichter zeigt: Beispielsweise ein gleich zweifach geschriebener Brief an einen zur Mitarbeit drängenden, befreundeten Regisseur, einmal in ganz privatem Tonfall abgefaßt, und einmal "offiziell zum Vorzeigen", mit "deutschem Gruß". 6)

Harald Kreutzberg wirkte zwar als Tänzer in Deutschland nicht schulbildend, doch ist beispielsweise lexikalisch nachzulesen, daß er "einen nachhaltigen Eindruck auf die Vertreter des Modern Dance machte." 7) Seine Tourneen durch die USA, durch Japan und Lateinamerika waren folglich daraufhin zu untersuchen, wie Kreutzberg bei Presse und Publikum aufgenommen wurde und welcher Einfluß auf die dortigen Tänzer eventuell nachweisbar wäre. Immerhin war Insidern bekannt, daß Kreutzbergs Gastspiele von wesentlicher Bedeutung für die künstlerische Entwicklung späterhin prominenter Tänzer wie José Límon, Erick Hawkins oder Kazuo Ohno waren.

Manche Bühnengrößen leben auch ihr Privatleben sehr öffentlich, andere dagegen leben sehr zurückgezogen; von ihnen weiß man nur wenig Privates, den eigentlichen Menschen zeigend. Es lag nahe, in diesem Buch auch diejenigen zu�� Wort kommen zu lassen, die Kreutzberg zugleich aus privater Perspektive kannten - und so das Bild von seiner Persönlichkeit abzurunden.

Abschließend drängte sich die Frage auf, ob denn nicht doch mehr als nur der Nachweis eines Einflusses auf die Entwicklung des modernen Tanzes nachweisbar wäre, ob nicht Harald Kreutzberg außerhalb der Dokumente, sondern auf der Bühne selbst weiterleben könnte: Kann man Kreutzberg-Tänze heute aufführen, u wie sehen solche Rekonstruktionen aus? Eine Kennerin des Ausdruckstanzes schrieb vor wenigen Jahren: "Yvonne Georgis und Harald Kreutzbergs Persisches Lied wirkt für uns so naiv, daß es schon fast peinlich ist. 1928, als der Orient noch exotischer Ort von Mystik und Sinnlichkeit war, enthielten die Bewegungen dieses Tanzes eine Bedeutungsebene, die dem nicht vorinformierten Zuschauer heute verschlossen bleibt."8) In diesem Kapitel des Buches sollte jedoch nicht der Theoretiker und Historiker, sondern der Theaterpraktiker zu Wort kommen: Jemand, der mit denen zusammengearbeitet hat, die als Tänzer mit Kreutzberg auf der Bühne standen oder seine Werke früher studiert hatten, und der dann Tänze Kreutzbergs wieder auf die Bühne brachte.

Der dokumentarische Anhang schließlich soll einen Überblick sowie das Nachschlagen von Details ermöglichen. Den Beginn macht eine chronologische Übersicht über wichtigere Stationen in Kreutzbergs Leben. Es folgt eine Übersicht über die solistischen Gastspiele Kreutzbergs, die auf einer von Friedrich Wilckens wohl 1959 erarbeiteten Aufstellung basiert und deswegen eine große Authentizität verspricht. Dennoch hat sie nur unter Vorbehalten Gültigkeit: sie bezieht sich offenbar ausschließlich auf die Mitwirkung von Wilckens, was schon aus dem späten Beginn mit dem Jahr 1927 deutlich wird, und muß auf Kreutzberg bezogen gelegentlich mit höheren Werten angesetzt werden. So ist es zwar hilfreich, in der von uns ergänzten Spalte beispielsweise 286 Tanzabende (oder -matineen) allein in den USA ablesen zu können. Doch war Wilckens bei drei Tourneen, die Kreutzberg mit Yvonne Georgi durchführte, nur einmal dabei: auf der ersten war Louis Horst der musikalische Begleiter, auf der dritten Klaus Billing. Und da sich hier die Kalenderjahre überschneiden (Jan.-März 1929; Okt.1929-März 1930; Okt.1930-März 1931), wird erst eine detaillierte Rekonstruktion eines Tages die Angaben von Wilckens bestätigen oder korrigieren können. Ein Werkverzeichnis schließlich ist auch im Bereich der Darstellenden Kunst von grundlegender Bedeutung für die Forschung. Ein Mitarbeiter des Tanzarchivs hat sich deshalb der Mühe unterzogen, die bisher bekannt gewordenen Dokumente diesbezüglich auszuwerten. Ergänzende Hinweise und Korrekturen nimmt das Deutsche Tanzarchiv Köln jederzeit dankbar entgegen und hofft auch beim Auffinden neuer Dokumente auf die konstruktive Mithilfe der Leser und die Vervollständigung des auf dem Nachlaß basierenden Kreutzberg-Archivs.

Frank-Manuel Peter

Anmerkungen:

1) Sehr zum Nachteil wirkt sich ��für die Erforschung und Dokumentation seines künstlerischen Werkes aus, daß bisher keinerlei choreographische Aufzeichnungen und ähnliche Muskripte Kreutzbergs aufgefunden wurden und die an Kreutzberg gerichteten Briefe vernichtet sind. Auch ein Hinweis im Katalog des weltgrößten Tanzarchivs, der Dance Collection der New York Public Library for the Performing Arts, versprach zuviel: Madeleine M. Nichols, Curator der Dance Collection, teilt am 5.7.1994 mit: "In response to your question about the Harald Kreutzberg file of miscellaneous manuscripts, I can tell you that it contains only one autographed program cover from 1960 and one letter from Beth Soll of Cambridge, Massachusetts to Mrs. Cowell, March 29, 1981."

2) Harald Kreutzberg schreibt diesbezüglich am 21.Juni [wohl 1936, als er wegen einer Zehenverletzung seine erste Südamerika-Tournee absagen muß] an seinen Agenten E. Hamann; Theatersammlung Hamburg.

3) (1941, S. 24). Nach dem Krieg ist dann in der kaum bearbeiteten Neuausgabe an dieser Stelle zu lesen: "Die Nächtlichen heißt eine Tanzsymphonie von Wellesz, die [...]. Aber die merkwürdige Musik, voll von eigentümlichen Dissonanzen, erregte Widerspruch." (1950 und 1956, S. 24).

4) "Von... bis", unveröffentlichte Memoiren, S.61 [im Deutschen Tanzarchiv Köln/DTK]. Diese Autobiographie enthält - mit Ausnahmen wie den Schilderungen der Dreharbeiten zum Paracelsus-Film, dem Lager in Italien und der ersten Nachkriegszeit - kaum neue Informationen und ist auf Unterhaltung angelegt: "Ich müßte so viel erzählen, und es würde immer nur heissen: 'und dann kam... und dann war... und dann musste ich.....!' Ich glaube, es würde wohl keinen Menschen interessieren, ob diese oder jene Begebenheit im Jahre 1929, 1936 oder 1940 passierte. Ich will ja nur die Buntheit eines Lebens erzählen und von den vielen Stationen, die es auf einem solchen Weg gibt." (S.56, Vorwort zum 3. Teil).

5) Ein Brief von Beth Soll, einer Schülerin in Bern, gibt einen Eindruck: "I had the chance to study for 4 months with Kreutzberg when I was living with my family in Bern. By that time (1961-2), he was no longer really dancing, but he loved to satirize dance or merely reminisce. His imitations of other dancers were hilarious. He liked to do a short history of dance for us - it would continue up to the present, which, for him, was best represented by the macho dancing in West Side Story. Naturally he managed to surpass his source material." (Dance Collection, S. Anm. 1)

6) Zwei Briefe vom 02.05.1935 an Hanns Niedecken-Gebhard, Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität zu Köln.

7) Koegler, Horst und Helmut Günther: Reclams Ballettlexikon. Stuttgart 1984, S. 252f.

8) Hedwig Müller: Zwei rück, eins vor. Zur Frage der Rekonstruktion von Ausdruckstänzen. tanzdrama, Magazin. Köln, H. 11, 2. Quartal 1990, S. 4-6, hier 6.

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