Tschaikowskij war immer ein wenig suspekt, vielleicht wurden seine Kompositionen zu glatt rezipiert. Jetzt allerdings, nachdem sich die Türen Sankt Petersburgs öffneten und mit einem tieferen Einblick in seine musikästhetischen Vorstellungen ausgerüstet, erscheint er mehr denn je als großer russischer Komponist - wie vieles Russische heutzutage neue Anziehungskraft gewinnt. Tschaikowskijs Zurückweisung des Realismus in der Musik geht deutlich aus einem Brief hervor:
»Ich finde nichts Unnatürliches darin, daß eine alte Gouvernante [...] bei jeder Gelegenheit —
bei Ermahnungen und Strafpredigten — ihren ewigen Refrain vom Anstand wiederholt. Aber
selbst wenn im wirklichen Leben nie etwas Ähnliches vorkäme, würde ich mich keinen Augenblick
besinnen, von der realen Wahrheit zugunsten der künstlerischen abzuweichen. Diese zwei Wahr-
heiten sind grundverschieden, und auf der Jagd nach der ersteren die zweite vergessen — das will
und kann ich nicht, denn — wollte man die Realität in der Oper bis zur letzten Möglichkeit füh-
ren, so müßte man schließlich unvermeidlich die Oper selbst verneinen. Menschen, welche singen
anstatt zu sprechen — das ist doch der Gipfel der Lüge, im gemeinen Sinne. Gewiß bin ich ein
Kind meiner Zeit und durchaus nicht gewillt, zu den überwundenen Opernsitten zurückzukehren,
andererseits habe ich auch keine Neigung, mich den despotischen Anforderungen der Theorie des
Realismus unterzuordnen« (Brief vom 3. August 1890).
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Letzte Aktualisierung: Fr, 26. Okt, 16:45
Am Ende des Kreises ist...
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