Under Dekonstruktion
siehe vorläufig Leib und Seele

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Innerlichkeit - This Mortal Coil: Geheimnisse
Innerlichkeit - This Mortal Coil
Montag, 9. April 2007
Niemand
der das hier unter Verstehen ablegt...

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Menschenkäfige
Drei Menschenkäfige am Glockenturm, sah ich dort zu Ostern - jeder weiß in welcher Stadt und kennt den Roman von Robert Schneider ("Kristus"), der in dieser Stadt handelt.

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Freitag, 6. April 2007
Dialog
A: Dies war eine sehr dunkle Nacht.
B: Was war der Anlaß?
A: Die Zuversicht ist fort.
B: Aber das Gottvertrauen.
A: Gott, der Gekreuzigte.
B: Besiegt er nicht den Tod?
A: Schuld und Sünde - grenzenlos.
B: Vergeben in der Reue.
A: Es regt sich Hoffnung.
B: Mit gesenktem Haupt aufrecht gehen.
A: Das Leid wird überwunden, der Schmerz.
B: Also doch, hoffen im Gottvertrauen.
A: Hoffen.
B: Hoffen in Liebe.

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Donnerstag, 22. März 2007
Rabe (rabe489) vs. Jürgen Kramer
Zum Verhältnis von Rabe zu Jürgen Kramer, das schizophren ist. Rabe ist der kranke Bruder von Mr. Kramer, krank insofern, als dass er besessen ist von allen möglichen und unmöglichen Phantasien. Außerdem macht er unendliche Schulden nur um eine Originalausgabe der Schriften von Sowieso zu erstehen.
Rabe ist ausgesprochen unangenehm, weil man nie weiß, was er sich im nächsten Moment ausdenkt und empfindet. Im grunde ist er ein Hasadeur, was immer das heißen mag (aber laut Fremdwörterbuch genau treffend).

Mr. Kramer ist der Naive. Die Brüder sind nicht leiblich verwandt, sondern sie trafen sich am Abgrund: der Eine kletterte hoch, der Andere wollte hinab. Sie beschlossen den Ausgleich und gehen seit dem auf schwankendem Boden. Mr. Kramer lebt zurückgezogen und verliert sich in seinen Träumen, die manchmal anzüglichen Charakter haben. Aber das weiß niemand und es wird auch nicht darüber gesprochen. Um mit Beckett zu sprechen: Mr. Kramer ist ein armer Hund.

Mr. Rabe, von Natur aus Schwarz, arbeitet daran, sein ganzes wahres Wesen zu verbergen. Aasfresser und Gourmet, beides liegt ja eng beieinander, ist er kein Kostverächter. Er kann sich in jeden Zentimeter Haut verlieben und dafür seine Existenz auf's Spiel setzen: eben ein Hasadeur. Mr. Rabe ist vollschlank, wie es sich für einen gut genährten Raben gehört, Mr. Kramer hat dagegen einen Altersbauch, (gibt's das?) den er verzweifelt versucht, loszuwerden. Er ist so eitel, dass er sämtliche Spiegel aus seiner Wohnung entfernt hat. Er wohnt zur Miete, hat aber die Vorstellung in naher Zukunft eine Villa am Mittelmeer zu beziehen.

Der Umgang mit beiden ist nicht empfehlenswert.

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Sonntag, 18. März 2007
Botschaften vom Frühling
Wasserfarbe, ca. Originalgrösse


18.03.2007 - 1


18.03.2007 - 4

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Mittwoch, 14. Februar 2007
Lamentationen
Leçons de Ténèbres





François Couperin, Sieur de Crouilly, genannt „Le Grand“

(1668 – 1733)



– pour le Mercredi (Paris 1714)


Première Leçon a une voix
Seconde Leçon a une voix



Première Suite des Pieces de Violes (Paris 1728)

Prelude – Allemande – Courante – Sarabande – Gavotte – Gigue – Passacaille ou Chaconne



Troisième Leçon a deux voix







Ausführende


LA GAMBA Freiburg



Regina Kabis und Beate Spaltner, Sopran

Ekkehard Weber, Viola da Gamba

Martin Müller, Cembalo






Leçons de ténèbres – Lesungen der Dunkelheit





Teile der Lamentationen des Propheten Jeremias bildeten in der römischen Liturgie den Text der drei ersten (von insgesamt neun) Lektionen in den 1. Matutinen des Gründonnerstags, Karfreitags und Karsamstags. In der Bibel bestehen die Lamentationen aus 5 Kapiteln zu je 22 Versen, von denen die ersten 4 Kapitel im hebräischen Text alphabetische Akrosticha sind (der Legende zufolge des Namens Gottes). Die hebräischen Buchstaben Aleph, Beth, Gimel etc., die dort zugleich der Nummerierung dienen, sind unverändert auch in die lateinische Übersetzung übernommen worden. Abweichend vom biblischen Text beginnt die Lectio I jeweil mit den Worten Incipit Lamentatio Jeremiae Prophetae. Jede Lection schließt refrainartig mit dem Vers Jerusalem, Jerusalem, convertere ad Dominum Deum tuum. Dieser Vers steht nicht bei Jeremias, sondern ist frei nach Hosea 14,2.

Schon früh wurden diese Gottesdienste aus praktischen Gründen von der ersten Stunde nach Mitternacht auf den Nachmittag des vorigen Tages vorverlegt (deshalb heißen bei Couperin die ersten Lectionen des Gründonnerstags pour le Mercredi – für den Mittwoch). Der Ablauf war folgender:

· Das Pater noster wurde nicht laut vorgetragen, jedoch leise zwischen den Psalmen und Lectionen aufgesagt, auch nicht das Ave Maria und das Credo

· Das Gloria Patri (die Doxologie) am Ende jedes Psalms wurde ausgelassen, und man blies eine der 15 Kerzen des Leuchters vor dem Altar aus.

· Die Wechselgesänge am Ende der Psalmen wurden verdoppelt

· Die Antwortgesänge nach jeder Lection kommentierten das Vorausgegangene.

Mit Ausnahme der Lectionen selbst wurde während des Gottesdienstes alles übrige in gehobenem Sprechgesang gregorianischer Prägung vorgetragen.



Vom Mittelalter bis in die Neuzeit hat dieser bewegende Text ungezählte Komponisten angeregt. So sind einige der bedeutendsten Werke europäischer Kirchenmusik entstanden. In der Blütezeit vom Ende des 15. bis Ende des 16. Jahrhunderts stehen dafür Namen wie Arcadelt, Isaac, de la Rue, Lasso, Palestrina, in England später Tallis oder Byrd. Im 17. Jahrhundert finden wir Kompositionen von Frescobaldi, Carissimi, Viadana, Allegri, Rosenmüller, Scarlatti, Zelenka, in Frankreich später Couperin, Delalande oder Charpentier; Fiocco in Belgien. Noch im 20. Jahrhundert nahmen sich Komponisten wie Krenek oder Strawinsky dieses Textes an.



Couperin schrieb seine Leçons auf Bitten der frommen Schwestern der Abtei von Longchamp, einer Gründung von Isabelle, der Schwester Ludwigs IX. (des „Heiligen“). – 1562 wurde das durch Sittenlosigkeit in Unordnung geratene Kloster sowohl in weltlicher als auch geistlicher Hinsicht unter die Jurisdiktion des Erzbischofs von Paris gesetzt. Es lebten dort 40 junge Frauen vornehmer Herkunft unter der Autorität einer Äbtissin, die alle drei Jahre gewählt wurde.

Père Ménestier schreibt in seinem Vorwort des „ballets anciens et modernes“ (Paris 1682):

„Um eventuelle Missbräuche zu vermeiden, haben sich einige Kirchen gegen Musik und Instrumente entschieden, und mehrere Prälaten haben den pompösen Gesang der Klagelieder des Jeremia an den drei letzten Tagen der Karwoche untersagt, damit das an diesen heiligen Tagen entstehende Durcheinander durch die Massen, die statt aus Frömmigkeit eher von der Symphonie und den prachtvollen Stimmen angezogen werden, vermieden wird“.

Die Abtei von Longchamp scheint von dieser Regelung nicht betroffen gewesen zu sein, denn die Tenebrae wurden noch im ganzen 18. Jahrhundert gesungen und zogen große Menschenmengen an. Sogar Reiseführer empfahlen diesen Ort, z.B. Nemeitz in seinem Séjour de Paris von 1727: „Am Mittwoch, Donnerstag und Freitag der Karwoche werden die sogenannten Ténèbres in einigen Klöstern von 14-16 Uhr nachmittags gefeiert, z.B. in Val de Grâce, l’Assomption und Longchamp ...“

In der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde der Gottesdienst nicht mehr öffentlich gefeiert, der Ort blieb aber während der Karwoche weiterhin ein beliebter Ausflugsort. Dies bestätigt uns Bachaumont in seinen Mémoires secrets vom 30. März 1768: „Longchamp, dieser während der Karwoche äußerst beliebte Ausflugsort, öffnete gestern bei schönstem Wetter seine Pforten für den zahlreich erwarteten Menschenandrang. Prinzen und vornehme Gesellschaft fuhren mit den elegantesten und prächtigsten Kutschen vor, die jungen Damen glänzten wie gewöhnlich ...“





Vorgeschichte:



Lamentationes Jeremiae



Um Ihnen die Texte des heutigen Konzertes ein wenig zu bebildern, erlauben Sie mir bitte einen kurzen Ausflug in die Geschichte des Hauses Juda und einen Blick auf die Gestalt des Propheten Jeremia.

Jerusalem, eine der ältesten Städte der Erde, bestand wahrscheinlich schon vor der kanaanäischen Zeit des 2. Jahrtausends vor Christus, von wo an sie in die Geschichte tritt. David eroberte die Stadt 997 v.Chr. und machte sie zur Hauptstadt seines Reiches. Salomo, sein Sohn und Nachfolger, erweiterte sie und baute eben jenen Tempel, dessen Schicksal der Prophet Jeremia beklagt.



Jeremia, um 650 v.Chr. in Anatot bei Jerusalem als Sohn einer Priesterfamilie geboren, wurde 627 zum Propheten berufen. Er fand nicht nur keinerlei Anklang bei Volk und Regierung, sondern wurde gar verfolgt, als Hochverräter gefangen genommen und nach Ägypten verschleppt, wo er starb. Übrigens noch vor der Einnahme und Zerstörung Jerusalems durch Nebukadnezar, weshalb er als Autor der Klagelieder eigentlich gar nicht in Frage kommt. Die ersten 25 Kapitel des Buches Jeremia beinhalten Unheilsverkündungen (oder sollte man vielleicht sagen: Verwünschungen) gegen Juda und erklären sich möglicherweise aus seinen persönlichen Erfahrungen mit Jerusalem, die letzten Kapitel bestehen aus Verkündigungen gegen andere Völker, auch gegen Babylon. Dazwischen stehen sozusagen autobiographische Texte, alles möglicherweise von seinem Schüler Baruch aufgezeichnet. Die Klagelieder sind nicht Teil des Buches Jeremia, sie stehen selbständig im A.T.



Der babylonische König Nebukadnezar II nahm Jerusalem im Jahre 587 v.Chr. ein und zerstörte die Stadt und den Tempel Salomos. Das Volk Juda wurde deportiert und zu schwerster Zwangsarbeit verdammt („Vernichtung durch Arbeit“ nannte man dies in den Konzentrationslagern des 20. Jahrhunderts). Fortan saß es – das Volk Juda - für lange Zeit am Euphrat, den „Wasserflüssen Babylons“, und weinte im Gedenken an Zion; wir wissen es aus Psalm 137.

Bis zwei Generationen später wiederum ein jüdischer Prophet die Zeichen der Zeit zu deuten wusste und den Untergang Babylons voraussagte. Diese Zeichen symbolisierten sich durch die Flammenschrift des „Menetekel Upharsim“ an der Wand des Palastes beim Gastmahl des Belsazar, laut A.T. Sohn des Nebukadnezar – tatsächlich war er der Sohn des letzten babylonischen Königs Nabonid. Die Geschichte jedoch bestätigte den Propheten Daniel gleich mehrfach: 539 v.Chr. unterlagen die babylonischen Truppen dem Perserkönig Kyros II (Belsazar wurde dabei am Tigris ermordet), 480 v.Chr. zerstörte Xerxes Teile der Stadt und 331 v.Chr. eroberte Alexander der Große sie endgültig.

Am Rande sei die Frage erlaubt, wieviel prophetischer Sehergabe es tatsächlich bedurfte, um die wechselhaften Folgen imperialistischer Aggression vorherzusagen. Bis auf den heutigen Tag ist in jener Gegend zwischen Euphrat und Tigris keine Ruhe eingekehrt, und es ist eine lange Zeit vergangen seit den Tagen, da Hammurabi um 1700 v. Chr. Babylon zur Hauptstadt seines Reiches machte.



Zufall übrigens, oder bewusst ironisch-ausgleichende Fügung, dass der Name Belsazars in seiner späteren Form als Balthasar einem jener drei Könige gegeben wurde, die dem neugeborenen König der Juden huldigen mussten?



Nach der Zerstörung Jerusalems durch Nebukadnezar dauerte es bis etwa in die Mitte des 5. Jhdts, dass die Stadt wieder aufgebaut wurde durch Nehemia, auf der Grundlage der eisenzeitlichen Überreste. Burg und Tempel wurden sogar erst weitere 400 Jahre später durch Herodes d. Gr. neu gestaltet und erweitert. Allerdings war diesem 2. Tempel keine lange Lebensdauer beschieden: weniger als ein Jahrhundert danach wurde die Stadt bei der Eroberung durch Titus im Jahr 70 n.Chr. völlig zerstört. Einzig die Klagemauer ist als Rest dieses herodianischen Tempels übriggeblieben, ihre religiöse Botschaft und politische Symbolkraft besitzt auch in unseren Tagen noch eine unübersehbare Ausstrahlung.



Für die Christen war es später der gekreuzigte Heiland, um den man trauerte und auf dessen Tod man die Klage um das zerstörte Jerusalem folgerichtig übertrug. In diesem Sinne entstanden die Vertonungen der Klagelieder, auch diejenige von François Couperin.



Im 20. Jahrhundert war es neben Ernst Krenek und Igor Strawinski vor allem der Dresdner Kreuzkantor Rudolf Mauersberger, der im Frühjahr 1945 das erste der Klagelieder des Jeremia vertonte, diesmal aus Trauer über das zerstörte Dresden. So war es abermals eine Stadt, die, wie Jerusalem, zum Symbol der Zerstörung und der Klage wurde. Und da es auch in unserer Zeit noch immer machthungrige Potentaten gibt, die sich getrieben fühlen, fremde Städte in Schutt und Asche zu legen, besitzt der dem Jeremia zugeschriebene Text eine unvermindert schmerzhafte Aktualität. Es sind im wahrsten Sinne „prophetische Worte“.

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Dienstag, 6. Februar 2007
Maria beobachtet
mich vierundzwanzig Stunden. Meine Zuwendungen, meine gigantischen Sünden. Ich malte das Bild 2005. Es hängt in meinem Arbeits-Wohnzimmer. Langsam und stetig verändert es mich.


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Sonntag, 14. Januar 2007
Wieder ein Glückstag
Zur Gans gesellte sich die Gänseliesel (die eigentlich eine Prinzessin ist).

Wann werden Sie endlich erwachsen, Herr Rabe?

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Sonntag, 7. Januar 2007
Als ich
vor zwanzig Jahren mit dieser Flasche zu ihr kam, nach der Diskonacht, sagte sie erstaunt: Du??? Ich hab dich garnicht mehr erwartet. Sie hatte die Tasche für den Massagesalon in Köln gepackt, ging aber dann doch mit mir. Sie war zwanzig Jahre jünger als ich, 1986. Es begann ein dreijähriges Chaos mit allem, an dessem Ende landete ich auf der Intensivstation. Soviel zu den dunklen Bildern. Ja, ich habe auf Gräbern getanzt und bin kein bürgerlicher Typ. Ich liebe sie auch heute noch, sie ist erwachsen und hat mit einem Anderen ein Kind, ich gab ihr den Spitznamen "Sensodyne" (sensus und dynamis). Mein Leben hat mehrere solcher Aufregungen: nur damit man weiß, woher diese seltsamen Bilder kommen... Ich bin ein Schrei im Laubengang.

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Mittwoch, 3. Januar 2007
Arme wunderschöne Seele:
„Es waren in einer Stadt ein König und eine Königin, die hatten
drei Töchter von bedeutender Schönheit. Aber die älteren, ob-
gleich gar lieblich anzusehen, glaubte man dennoch mit Men-
schenlob angemessen feiern zu können; dagegen des jüngeren
Mädchens über die Maßen herrlich-hehre Holdseligkeit auszu-
drücken und auch nur annähernd zu preisen, war die mensch-
liche Rede zu arm. Viele Bürger also und zahlreiche Fremde,
welche das Gerücht von der ausnehmenden Sehenswürdigkeit
in neugierigen Scharen herbeitrieb, bewunderten staunend die
unerreichte Wohlgestalt und huldigten ihr, die Hand zum Mun-
de geführt und dabei den Zeigefinger auf den ausgestreckten
Daumen gesenkt, mit frommer Anbetung, als ob sie geradezu
die Göttin Venus persönlich wäre. Und schon hatte sich in den
nächsten Städten und angrenzenden Gebieten die Kunde ver-
breitet, die Göttin, welche der blaue Meeresgrund geboren und
schäumender Flutentau gespeist hat, wandle jetzt mitten unter
dem Volksgewimmel und erteile allenthalben ihren göttlichen
Liebessegen; oder auch wohl, es hätten aus einem neuen Keim
himmlischer Tropfen nicht Meere, sondern Länder eine zweite
Venus von blühender Jugend sprießen lassen. So wächst der
Glaube unaufhörlich von Stunde zu Stunde, so läuft und läuft
schon die Kunde durch die Inseln in der Runde und lauter
Länder und aller Munde. Schon beginnen Menschen um Men-
schen über lange Straßen und tiefe Meerpfade zu dem herr-
lichen Wunder des Jahrhunderts zusammenzuströmen. Keiner
nach Paphos, keiner nach Knidos, selbst nach Kythera segelte
keiner; die Göttin Venus zu schauen. Man vertagt die Opfer,
läßt Tempel verfallen, Polster verschleißen, den Dienst ver-
kümmern. Ohne Kränze die Bilder und die Altäre verwaist,
mit kalter Asche geschändet. Vor einem Mädchen beugt man
die Knie, huldigt im Menschenantlitz der hohen Himmelsmacht.
Und beim morgendlichen Ausgang der Jungfrau fleht man mit
Opfer und Mahl ohne Liebesgöttin um Liebessegen, und wenn


meinsten Menschen verlieren, der an Ehre und auch Besitz und
selbst Gesundheit vom Schicksal geschlagen ist und so tief steht,
daß er auf der ganzen Erde an Jammer nicht seinesgleichen
findet!"
Nachdem sie sich so ausgesprochen und ihrem Sohn mit lechzen-
den Lippen lange, innige Küsse gegeben hat, eilt sie zum
brandenden Strand des nächsten Gestades und betritt mit rosi-
gen Sohlen wogender Fluten schaumige Krone. Da, nun läßt
sie sich nieder auf heiterer Wölbung der Meerestiefe, und wie
sie es eben wünschen will, nein, sofort, als hätte sie es längst
befohlen: das Gefolge des Meeres läßt nicht auf sich warten.
Zur Stelle sind die Nereustöchter mit Chorgesang, Portunus in
struppig schwarzen Zotten, von Fischlast gebauscht Salacia und
als Delphinlenker das Bürschlein Palämon. Schon hüpfen aller-
orten Tritonenscharen durch die Fluten: einer tutet sanft auf
tönender Muschel, der zweite hält einen seidenen Schirm gegen
die stechend heiße Sonne, der dritte hebt der Herrin einen
Spiegel vor Augen, zu zweit schwimmen andere zu ihren
Füßen im Wagengeschirr. Solche Heersdiaren geleiten Venus
auf ihrer Reise zum Ozean.
Inzwischen spürt Psyche in ihrer ganzen ätherischen Schönheit
keinen Gewinn von ihrer Anmut. Betrachtet wird sie von allen,
gelobt von allen; aber keiner, nicht König noch Königssohn,
nicht einmal einer aus dem Volk begehrt sie und kommt, um ihre
Hand anzuhalten. Man bewundert ihre göttliche Erscheinung,
aber jeder bewundert sie wie ein kunstreich vollendetes Stand-
bild. Längst schon hatten die beiden älteren Schwestern, von
deren begrenzter Schönheit nichts über die Erde hin verlautet
war, es zur Verlobung mit königlichen Freiern und zu glück-
licher Hochzeit gebracht; doch Psyche sitzt als Mädchen ohne
Mann zuhause, weint sich blind über ihre Verlassenheit und
Einsamkeit, siech am Leibe und wunden Herzens, und haßt ihre
eigene Schönheit, mag sie auch aller Welt gefallen.
So befragt der arme Vater der unglücklichen Tochter, weil er
Göttergrimm vermutet und Himmelszorn befürchtet, das uralte
Orakel des Gottes von Milet und bittet den hohen Helfer mit
Gebet und Opfer für das verschmähte Mädchen um Hochzeit


und Gatten. Da antwortete Apollo, wiewohl Grieche und lonier,
dem Autor des milesischen Romans zuliebe mit einem Spruch
auf lateinisch:
„Hoch auf Gebirges Felsen, König, stelle das Mädchen,
angetan mit dem Schmuck, wie er der Todesbraut ziemt!
Nicht erwarte du dir einen Schwiegersohn sterblichen Stammes,
sondern ein grausam-wild frevelndes Viperngezücht!
Durch die Lüfte flatterts daher und stört jeden Frieden,
bringt mit Flamme und Stahl alle Geschöpfe zu Fall.
Jupiter selbst erzittert vor ihm, die Götter erbeben,
und es schaudert der Pfuhl, schaudert die stygische Nacht."
Als der Vater, einst ein glücklicher König, das heilige Seher-
wort empfangen, reist er voll Mißmut und Traurigkeit nach
Hause zurück und enthüllt seiner Gemahlin die Weisungen des
Unglücksspruches. Kummer, Weinen, Klagen tagelang l Aber
schon drängt des grausamen Orakels entsetzliche Verwirk-
lichung. Schon wird dem ärmsten Mädchen mit Gepränge die
Todeshochzeit zugerüstet; schon trübt sich der Fackel Licht in
rußig-schwarzer Asche, wandelt sich der Hochzeitsflöte Ton
in klagende Lyderweise, endet des Festlieds fröhlicher Sang mit
dumpfem Wehgeschrei und trocknet gar das Mädchen zum Ehe-
beginn ihre Tränen mit dem Brautschleier. An dem traurigen
Los des so geschlagenen Hauses nahm auch die gesamte Bürger-
schaft mit Seufzen teil, und sofort wird zum Ausdruck der all-
gemeinen Betrübnis Landestrauer verkündet.
Aber gegen den Spruch des Himmels war Gehorsam notwendig
und die arme Psyche mußte sich der festgesetzten Buße stellen.
Als also die Feierlichkeiten der Todeshochzeit unter tiefster
Trauer vollzogen waren, wird im Geleit des ganzen Volkes die
lebendige Tote hinausgeführt, und in Tränen schwimmend wan-
delt Psvche nicht in ihrem Hochzeits-, sondern in ihrem Leichen-
zug. Und wie die Eltern bekümmert und leidverstört zögern,
die Schmach und Schande der Tat zu vollenden, macht ihre
Tochter selbst ihnen Mut und spricht:
„Was martert ihr euch auf eure armen alten Tage mit Weineil..

Apuleius, Amor und Psyche...

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Letzte Aktualisierung: Fr, 26. Okt, 16:45
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