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Innerlichkeit - This Mortal Coil
Innerlichkeit - This Mortal Coil
Donnerstag, 31. August 2006
Gespräch mit einer Schublade
Schublade (S): Einige Rezipienten vermuten, dass Sie ein Romantiker sind, sind Sie einer, Herr rabe489?

rabe489 (R): Leib und Seele sind mir in einem wissenschaftskritischen Sinn für die Kunst sehr wichtig. Wissenschaftskritik ist im besonderen Masse Methodenkritik, diese aber muß bei den Maximen der abendländischen Aufklärung, Positivismus und Rationalismus ansetzen.

S: Die Frühromantik Ende des 18. Jahrhunderts wandte
sich als erste Geisteshaltung gegen die mit der Französischen Revolution 1789 gesellschaftlich verankerte verstandesmäßig orientierte Aufklärung. Was ist so dramatisch an dieser modernen Aufklärung, die das Licht der Vernunft in seinen Stand einsetzen wollte.

R: Dass dieses mit der Guillotine und den napoleonischen Eroberungsfeldzügen geschah, lasse ich ausser acht. Der Einfachheit halber möchte ich mit dem von Helmut Schanze herausgegebenen ROMANTIK-HANDBUCH (Stuttgart Kröner 2003) arbeiten. Nach ihm zitiere ich den Frühromantiker A. W. Schlegel der seine "neuzeitliche Kultur", gegen die er sich wendet, um 1800 ausdrücklich "Aufklärung" nennt:
Alles übrige, dessen sich unser Zeitalter in Ansichten und Gesinnungen berühmt, läßt sich unter den von ihm selbst constituirten Begriff der Aufklärung zusammenfassen, worauf sich letztlich Toleranz, Denkfreyheit, Publicität, Humanität, und was dergleichen mehr ist, reducirt. [...] Bey einer näheren Betrachtung sieht man sogleich, daß zur Aufklärung nicht bloß eine gewisse Denkart über diesen und jenen Gegenstand hinreicht, sondern, daß sie Maximen hat, und Gesichtspunkte aufstellt, welche sich über alles erstrecken, und die sämtlichen Angelegenheiten des Lebens, wie die Verhältnisse der menschlichen Natur unter sich befassen sollen. [...] Sie giebt sich also auch mit den geselligen Verhältnissen ab, man hört von aufgeklärten Regierungen sprechen, und die gepriesene aufgeklärte Erziehung ist keine andres, als die eben geschilderte [...]. Ferner unterwirft sie auch die Wissenschaften ihrer Botmäßigkeit: es giebt nicht nur eine aufgeklärte Theologie [...] sondern eine aufgeklärte Ansicht der Geschichte, ferner eine aufgeklärte Physik, welche den Unternehmungen der Alchymie, der Astrologie, überhaupt allen magischen Vorspiegelungen sich widersetzt; ja, so Gott will, auch eine aufgeklärte Mathematik, welche die Leute abhalten soll, sich nicht auf die Quadratur des Zirkels und die Erfindung eines Perpetuum mobile zu legen. Wie sie mittelbar wieder auf Poesie und Kunst, und Kritik derselben einfließt, werde ich in der Folge schildern (Minor II, S. 65f.)" (ebd. S.79 /80).
S: Dass die Aufklärung eine alle Lebensbereiche und Diskurse erfassendes universales Deutungskonzept darstellt, war mir eigentlcih schon klar. Wenn sich die Frühromantik gegen diesen Diskurs wendet (man bemerke: Präsenz!), muß sie dann nicht als Gruppe ein ebenso umfassenden Anspruch gegenüberstellen?

R: Ja, Schublade, die "Gegenaufklärung" (Romantik), verwenden wir ruhig einmal diesen polemischen Begriff, muß ebenso universal auftreten. Dabei sei schon jetzt deutlich markiert, es ist nicht die Vernunft, die beide Lager auseinander dividiert. A. W. Schlegel stellt in einem weiteren Textauszug der Aufklärung eine Vernunft gegenüber, "die ihren Grund in einem Bereich außerhalb des empirisch Wahrnehmbaren anerkennt und damit auch die eigenständige Geltung von Phantasie und Poesie hervorhebt" (L-Stockinger, ebd.).
Dazu darf ich den entsprechenden Text von A.W. Schlegel, liebe Schublade, noch abschließend zitieren:
"Ihr wollet erleuchten? Gut, das Licht ist eine Gabe des Himmels: wo sind die Proben eurer himmlischen Sendung? Das Licht ist vermöge seiner Natur zuvörderst selbst hell, und dann erleuchtet es die übrigen Dinge. Eben so verhält es sich mit dem, was im menschlichen Gemüthe einzig den Namen der Ideen verdienen kann: die Ideen, welche in der inneren Anschauung unmittelbare Überzeugung ihrer Nothwendigkeit und ewigen Gültigkeit mit sich führen, und demnächst auch die äußerlichen Erscheinungen in ihr wahres Verhältnis unter einander und gegen jene setzen. [...] Auch unser Gemüth theilt sich wie die äußere Welt zwischen Licht und Dunkel [...]. Der Sonnenschein ist die Vernunft als Sittlichkeit auf das thätige Leben angewandt, wo wir an die Bedingungen der Wirklichkeit gebunden sind. Die Nacht aber umhüllt diese [die Wirklichkeit] mit einem wohlthätigen Schleyer, und eröffnet uns dagegen durch die Gestirne die Aussicht in die Räume der Möglichkeit; sie ist die Zeit der Träume. Einige Dichter haben den gestirnten Himmel so vorgestellt, als oib die Sonne nach Endigung ihrer Laufbahn in alle jene unzähligen leuchtenden Funken zerstöbe: dieß ist ein vortreffliches Bild für das Verhältniß der Vernunft und Fantasie: in den verlorensten Ahndungen dieser ist noch Vernunft [...]. Was schon in den alten Kosmogonieen gelehrt ward, daß die Nacht die Mutter aller Dinge sey, dieß erneuert sich in dem Leben eines jeden Menschen: aus dem ursprünglichen Chaos gestaltet sich ihm durch Liebe und Haß, durch Sympathie und Antipathie die Welt. Eben auf dem Dunkel, worein sich die Wurzel unsers Daseyns verliert, auf dem unauflöslichen Geheimniß beruht der Zauber des Lebens, dieß ist die Seele aller Poesie.(Minor II, S. 68 - 70)" (a.a.O. S.80). -
Liebe Schublade, laß es genug sein für heute. Schieb Dich zu und Gute Nacht. August Wilhelm Schlegel um 1800

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Und woran arbeiten Sie sonst so?


2. Fassung "Sommerlandschaft", 110 x 140 cm, 31. August

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Mittwoch, 30. August 2006
Algernon Charles Swinburne (1837-1909)

Eine Ballade vom Leben



Ich fand in Träumen einen Ort von Wind und Blumen,
Voll süßer Bäume und Farbe frohen Grases,
In dessen Mitte eine Dame stand,
Gekleidet wie der Sommer mit seinen süßen Lauben;
Ihre Schönheit, glühend wie der feurige Mond,
Machte mein Blut wallen und ohnmächtig sinken,
Einer Flamme gleich, auf die es regnet.
Gram hatte ihrer bebenden Lider Blau gefüllt,
Und ihres Mundes traurig rote schwere Rosenblüte
Schien traurig durch und durch ob froher Dinge,
die vergangen waren.

An ihren Saiten hielt sie eine kleine Zither,
In Herzensform, bespann mit eines toten
Lautenspielers
fein - farbnem Haar,
Der in längst vergangnen Jahren Köstliches geboten.
Die sieben Saiten trugen entsprechen Namen:
Die erste Saite Liebe,
Die zweite Zärtlichkeit,
Die anderen hießen Freude, Kummer, Schlaf und
Sünde
Und Liebes - Güte, die aus des Mitleids Stamm
Und völlig ohne Mitleid ist.


Drei Männer waren bei ihr, gekleidet jeder
In Gold, mit goldnen Schuhen an den Füßen;
Und mit gepflückten Weizenähren.
Des ersten Mannes Haar war um den Kopf gewunden:
Sein Gesicht war rot, sein Mund geschürzt und traurig
Sein ganzes goldenes Gewand
Bedeckt mit blassen Flecken von Staub und Rost.
Eine zerrissene Kapuze war über seine Augen
gezogen
Sein Merkmal ward auf diese Weise
Zu einem Zeichen für die Lust.

[Zweiter und dritter Mann = Scham und Furcht]

Meine Seele sprach in mir: Das ist wundersam,
Als sie sah, daß weder das Antlitz der Luft
So zart noch der Sonne Anmut so groß ist wie sie,
Wenn sie und die Sünde verwandt sind oder verliebt.
Und da ich sah, wie Jungfraun ihr auf ihren Knien
dienten,
Hieß ich eine, von diesen zu erbitten,
Dafür die Ursach' zu erfahren.
Da sagte Furcht: Ich bin Mitleid, das gestorben war.
Und Scham sprach: Ich bin Kummer, der getröste ist.
Und Lust sprach: Ich bin Liebe.


Hiermit begannen ihre Hände ein Lautenspiel,
Ihr süßer Mund ein Lied in fremder Sprache;
Und alldieweil sie sang,
War da kein Laut, nur lange Tränen

[...]

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Generation 76er: Subrevolte/Surrevolte
Nun bin ich bei dem vieldiskutierten Buch des Zöglings des Danone-Joghurtimperiums, Camille de Toledo, angekommen. Ich habe es in der letzten Stunde quergelesen und ...... es ist sehr zu empfehlen, in manchen Aussagen sogar begeisternd. Besonders gefällt die Bewußtheitder Notwendigkeit einer Überwindung des zeitgenössischen Zynismus und Nihilismus. Schlüsselwort dieses Aufstandes gegen Kapitalismus und Globalisierung ist die Romantik. Sie wird als ein Potential gewertet, das den status quo überwinden hilft.

"Wann werden wir endlich aufhören, uns dafür zu entschuldigen, romantisch zu sein? Warum nicht gleich? Hier und jetzt! Auf der Stelle. Wir bevölkern die Wüste mit singenden Bäumen und widerspenstigen Amseln. Wir lassen das zynische Lachen hinter uns und zögern nicht länger, naiv zu sein. Das Klischee ist kein Kitsch, es ist einfach nur schön. Also, was mein ihr?"

Camille de Toledo, Vorspruch
Rezensionen - Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 25.11.2005 In diesem Buch diagnostiziert der junge Autor an sich selbst eine Krankheit die er "Asthma der Seele" nennt -, die die Krankheit seiner, also unserer Zeit ist, die Krankheit der globalisierten Welt. Es fehlt de Toledo, der sich im Nachwort als Sohn reicher Eltern vorstellt, an der Möglichkeit von Utopien, an einem Bereich, der abseits der Kalkulation und der Ökonomie läge. An diesem Mangel leidet er und von diesem Leiden berichtet er, in einer Mischung, so der Rezensent Claudius Seidl, von "Pamphlet, Theorie und Autobiografie". Dabei erweise er sich gelegentlich als ziemliche "Nervensäge", und ob man den Weltschmerz eines verwöhnten Söhnchens für ganz voll nehmen muss, daran zweifelt Seidl mal mehr, mal weniger deutlich. Ganz abtun will er de Toledos Suche nach einer "Romantik der offenen Augen" aber auch wieder nicht, dafür ist der "enorme sprachliche Aufwand" denn doch zu beeindruckend.

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Mittwoch, 30. August 2006
Altgriechisches Mädchen, 530 v. Chr
Attische Kore 530 v. Chr.

liebes Mädchen mit Herzklopfen nur Majestät begegnet man solchem innerlichen Bildnis in dessen Augen der ganze Kosmos lebt und lauscht der Rede Deines Lächelns zum Gegenüber der welcher betäubt ist vom Staunen Deines Antlitzes das nach außen den Blick richtet auf Deinen erklärten Sklaven und also in Dich hinein bist du die nach außen gekehrte Seele in Deiner ganzen großen Gestalt geborgen und seit zweieinhalbtausend Jahren den Atem der Götter preisend

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"Von dem Gestaltenzauber der tätigen Innerlichkeit"
Ludwig Derleth, Das Werk, 6 Bde., Bellnhausen 1971/ 1972, Bd. 6, S. 87/ 88

"In der Gasse der kunstfertigen Seidensticker, die in die breiten Borten der Chitone das Urweibgeschöpf mit dem Fischleib und den Fingerflossen, Drachen mit Frauenbrüsten und Löwenpranken wirkten, wandte sich der Heilige an seine Jünger und sprach:
Es wäre aus mit den schönen Schöpfungsprodukten der Phantasie, wenn die Vernunft endlich Herrscherin in der Welt werden sollte. Vergebens schnürt der Mensch die Natur in die Gesetze seines Verstandes und muß am Ende doch der mächtigen Weltgebieterin die völlige Freiheit lassen. Sie ist die große Erfinderin ihrer selbst. Ihre dichtende Tätigkeit und bilderzeugende Energie kennt keine Grenzen. Ihr Feld ist noch reich und erträglich genug, um den Religionsstiftern der Zukunst Stoff für neue Theologien, Götter- und Weltgedichte zu schaffen.
Mehr als das bewußte Denken wirkten auf den Lauf der Geschichte ein die von den Schranken der menschlichen Begriffe befreiten Naturgedanken. Was hat nicht alles der Glaube ausgerichtet, nicht wie er in dem dürren Blätterwalde der theologischen Literatur geschrieben steht, sondern wie er unmittelbar aus dem leidenschaftlichen Leben der menschlichen Gattung stammt.
Die Imagination als selbsttätige, nicht von außen anzuregende Kraft, die in allem Materiellen ein durchwirkend Geistiges ist und gleicherweise in Kunst und Natur die wirkende Ursache bildet, vollendet sich in außermechanischen Schöpfungen. Sie verfügt über innerlich freie, produktive Anschauungen, die in einem Jenseits von aller äußerlichen Objektivgewalt wie das von den äußeren Sinnen unabhängige Schaffen dse dichtenden Genius nicht den Gesetzen der Anziehung und Abstoßung unterworfen sind.
An einem dieser Tage sprach er von den Werken der Einbildungskraft, von dem mit Schöpferkraft keimenden Herzgedanken, von dem Gestaltenzauber der tätigen Innerlichkeit und produzierenden Subjektivität, von der inneren Anschauung, die ein mächtiges Wollen erzeugt (...)"

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...
by rabe489 (Di, 1. Mai, 18:38)
1.Mai2012_2
..
by rabe489 (Di, 1. Mai, 18:37)
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by rabe489 (Di, 24. Apr, 01:33)

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