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Innerlichkeit - This Mortal Coil: 2007-11-23
Innerlichkeit - This Mortal Coil
Freitag, 23. November 2007
Gefunden 2.
„Die größten Güter werden uns zuteil in der Weise der mania, sofern sie als göttliche Gabe verliehen wird.“ Dieser Satz des Sokrates, dessen Grundwort mania zunächst unübersetzt bleiben mag, bildet durchaus die Mitte des ganzen Dia-logs. Er richtet sich nicht allein gegen das von Lysias und, parodierenderweise, von Sokrates Gesagte, sondern zugleich gegen das, was in der zeitgenössischen athenischen Gesellschaft öffent-liche Geltung besitzt. Die These enthält eine ganze Weltansicht; vor allem spricht sie eine an die Wurzel gehende Meinung über den Sinn des menschlichen Daseins aus. Der Eros, von dem bisher allein die Rede war, wird mit keinem Wort erwähnt. Dieses auf den ersten Blick einigermaßen verwunderliche Schweigen hängt damit zusammen, daß die Er-örterung vor einen neuen, größeren Horizont gerückt ist. Man wird allerdings nur dann im-stande und auch bereit sein, die nun anhebende, weit ausholende Argumentation zu akzeptieren oder auch nur, ihr zuzuhören, wenn man sich klargemacht hat, was eigentlich das »Blasphe-mische« an den vorausgegangenen Eros-Reden ist. - Diese Reden haben den Charakter der
Konklusion, sie sind die »Anwendung« eines ganz allgemeinen Satzes, der gleichfalls den Menschen und den Sinn seines Daseins betrifft. Und es ist dieser allgemeine Satz, gegen den Sokrates seine eigene These setzt. Das Erste, das geschieht, ist, daß die sinnwidrige Einengung des Denkens und der Aufmerksam-keit gesprengt wird, die durch die modisch-so-phistische Publizistik auf das Vordergründige einer Theorie des »Flirts« [sozusagen] fixiert sind. Sokrates weigert sich, die Arena solcher Diskussionen überhaupt zu betreten - nicht, weil er das Thema »Eros« vermeiden, sondern weil er es in den einzig sachgerechten Zusammenhang stellen will. Darum richtet sich seine Aggression gegen die Vorstellung vom Menschen überhaupt, die unter anderem auch in jener Meinung von der zu erstrebenden »Sachlichkeit« der bloßen Triebbefriedigung zum Ausdruck kommt. Es ist, vorläufig und summarisch gesagt, die Vorstel-lung, der Mensch sei ein schlechthin autarkes Wesen, dem seine eigene Natur wie ein beliebig zu bearbeitender Rohstoff in die Hand gegeben ist; ein Wesen, das seine eigenen Zwecke selber souverän bestimmt, das seine Existenz mit ra-tionaler Lebenstechnik selbst einrichtet und des-sen Würde es also verlangt, jeden Einbruch in diese Sphäre des vollendeten Selbstbesitzes abzu-wehren - ganz gleich, woher dieser Einbruch kommen mag: hiergegen richtet Sokrates in der nun folgenden Rede seinen Angriff. Diese Ent-gegensetzung ist sozusagen der Notenschlüssel, von dem her das Gesagte allein verständlich wird. Sokrates also sagt nicht, der Eros sei nicht mania; aber er bestreitet, daß mania einfachhin ein Übel sei, eine »Krankheit«, wie es in der Terminologie der sophistischen Lebenstechnik heißt. Ob etwas Krankheit ist oder nicht, läßt sich erst auf Grund dessen sagen, was man unter Gesundheit ver-steht. Und eben diese Vorstellung vom Richtig-sein des Menschenwesens ist es, worin sich Sokra-tes radikal unterscheidet von seinen Gegnern. Seine Aussage ist allerdings einigermaßen diffe-renziert. Sokrates sagt nicht, die mania gehöre schlichthin zum Menschen und zu seinem Rich-tigsein; sondern er sagt, sie sei nicht in jedem Fall ein Übel. Die mania wird auch nicht schon ein Gut genannt; sondern es wird gesagt, sie könne möglicherweise ein Mittel, ein Behelf, ein Weg sein zu einem Gut, freilich sogar zu den größten Gütern - unter der Bedingung nämlich, daß die mania dem Menschen als göttliche Gabe zuteil werde.

(aus: Josef Pieper: Begeisterung und göttlicher Wahnsinn. Über den Platonischen Dialog "Phaidros", München 1962)

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